Solidarität mit den Betroffenen – Keine Bühne dem Täter

Solidarität mit den Betroffenen - Keine Bühne dem Täter

Wann

Mittwoch - 22.07.2020
8:00 - 18:00  

Wo

Landgericht Magdeburg
Halberstädter Str. 8, Magdeburg

Rollstuhlgerecht? Unbekannt
Details

Am 21. Juli 2020 beginnt in Magdeburg der Prozess gegen den Attentäter des rechten Terroranschlags in Halle am 9. Oktober 2019. Bei dem Anschlag wurden Jana Lange und Kevin Schwarze ermordet, weitere 68 Menschen entkamen dem Täter nur knapp. In voraussichtlich 18 Prozesstagen soll die Anklage des Generalbundesanwalts verhandelt werden. Zusätzlich sind 40 Nebenkläger*innen zur Verhandlung zugelassen.

Immer wieder wird der Täter aufgrund fehlender Mittäter*innen und seiner Radikalisierung im Internet als Einzeltäter beschrieben. Die antisemitischen und rassistischen Resonanzräume in Online-Communities und der deutschen Gesellschaft, die seine Radikalisierung erst ermöglicht haben, werden dabei ausgeblendet. Doch es handelt sich weder um einen vereinzelteten Täter, noch um einen Einzelfall! Der Mord an Walter Lübcke, der Anschlag in Hanau oder der NSU sind Vielen in Erinnerung. Doch die Mehrzahl der 208 Todesopfer rechter Gewalt seit 1990 und unzählige Anschläge werden verdrängt. Wer kennt das Oktoberfestattentat, den Mord an Shlomo Levin und Frida Poeschke, die Sprengstoffanschläge auf jüdische Friedhöfe in Berlin, die Anschläge von Düsseldorf Wehrhahn oder Hamburg-Veddel oder die unzähligen (Brand-)Anschläge auf Häuser und Restaurants von Migrant*innen und Geflüchtetenunterkünfte? Rechte Gewalt ist für viele Betroffene eine beinahe tägliche Erfahrung. Dabei werden sie von Polizei, Medien und politisch Verantwortlichen häufig alleingelassen oder selbst zu Verdächtigen gemacht.

Um rechten Terror ernsthaft zu bekämpfen, müssen wir einerseits die rassistischen und antisemitischen Zusammenhänge zwischen den Taten anerkennen, vor allem aber auch die Erfahrungen und Forderungen der Betroffenen ernst nehmen. Wir dürfen uns mit der Forderung nach Aufklärung nicht auf einen Gerichtsprozess verlassen, der von Anfang an den Täter in den Fokus nimmt. Erst vor kurzem zeigte die Urteilsbegründung im NSU-Prozess, dass die Erwartungen der Angehörigen an eine juristische Aufklärung bitter enttäuscht und die Erzählungen von Einzeltäter*innen, bzw. einem Trio fortgeführt werden.
Stattdessen fordern wir „Solidarität mit den Betroffenen – keine Bühne dem Täter!“ Wir werden die Perspektive und die Forderungen der Nebenkläger*innen und anderer Betroffenen zum Mittelpunkt machen und thematisieren wie Solidarität im Verlauf des Prozesses und darüber hinaus gestaltet werden kann.

Dazu müssen wir uns fragen: Was ist unsere Antwort als Gesellschaft, wenn die Polizei versagt Synagogen und das Leben von Jüdinnen und Juden zu schützen? Wie stehen wir den Betreibern des Kiez-Döners zur Seite wenn die Bundes-, Landes- und Stadtpolitik die zugesagte Unterstützung verwehren? Wie können wir selbst rechter Radikalisierung auf der Straße und im Netz entgegenwirken? Diese Fragen werden nicht in diesem Prozess verhandelt, sondern müssen praktisch und solidarisch von uns beantwortet werden.

Mit dem bevorstehenden Urteil hoffen viele Stadt- und Landespolitiker*innen einen „Schlussstrich“ unter den Anschlag ziehen zu können und trotz täglicher rechtsextremer Vorfälle ein buntes und tolerantes Halle und Sachsen-Anhalt zu behaupten. Doch für die Betroffenen geht die Verarbeitung des Anschlags über die juristische Dimension hinaus. Wir wollen deshalb schon zum Prozessbeginn klarmachen, dass es keinen Abschluss mit dem Anschlag geben kann!

Kommt am 21. Juli 2020 ab 8:00 Uhr bis nach Ende des Prozesstages zum Landgericht Magdeburg (Halberstädter Str. 8, 39112 Magdeburg)

In Solidarität mit den Nebenkläger*innen und anderen Betroffenen. In Gedenken an Jana Lange und Kevin Schwarze!
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Solidarity with the victims – No platform for the perpetrator

The trial against the perpetrator of the far-right terror attack from October 9th 2019 in Halle starts on July 21st 2020 in Magdeburg.
Jana Lange and Kevin Schwarze were murdered that day and another 68 people were able to just avoid sharing the same fate. The attorney general has scheduled the trial to last 18 days, with a total of 40 joint plaintiffs.

Due to the lack of accomplices and his own history of radicalism, the assassin of Halle has been described as a lone perpetrator over and overagain.
The anti-semetic and racist resonance chambers in online-communities and within the German society, which enabled him to radicalise himself, are being completely ignored.
Sadly, this is neither an single perpetrator nor an isolated case!
One is being reminded immediately of Walter Lübcke’s murder, the terrorist attack of Hanau or the NSU. Yet most of the 208 deaths due to far-right violence since 1990 are being ignored.
Who knows of the „Oktoberfest terror attack“, the murders of Shlomo Levin and Frida Poeschke, the bombings of Jewish cemeteries in Berlin, the terror attacks of Düsseldorf Wehrhahn or Hamburg-Veddel or the countless cases of arson against migrant homes and businesses and refugee shelters?
Far-right violence is part of the daily experience of most minorities in Germany, while the police, media and responsible politicians either shift the blame on the victims or let the people deal alone with it.

To effectively combat right-wing terrorism, we have to recognise the racist and anti-semetic connections between these crimes and most of all, we have to acknowledge the experience and demands of the victims and take them seriously!
We can not rely on a justical body which focusses on the perpetrator to thoroughly investigate these complex issues.
The NSU trial has just recently shown how awfully the justice system fails to deliver justice to the families of the victims, time and time again. The narrative of a lone perpetrator or in this case – an isolated trio – is omnipresent and incredibly harmful.
That’s why we demand “Solidarity with the victims – No platform for the perpetrator!”
We will put the perspective and demands of the joint plaintiffs and other victims in the spotlight and address how solidarity can be organised during the trial and beyond.

In order to do that, we have to ask ourselves: What is our response as society when the police fails to protect synagogues and the lives of our fellow Jewish citizens? How do we support the “Kiez-Döner” when federal and local politicians refuse to follow up on their promise of support?
How can we fight and prevent right-wing radicalism, whether it takes place online or on the streets?
These questions will not be covered in the trial but we have to answer them practically and in solidarity!

With the imminent judgement, local- and federal politicians hope to draw a “final line’ under the terror attack, and promote the idea of a diverse and open-minded Halle and Saxony-Anhalt.
But for the victims, processing this despicable act of terror and the pain caused by it, goes beyond and exceeds judicial dimensions. That’s why we want to make it very clear that this trial will not and can not bring an end to this horrible hate crime and its victims.

Please come to the Magdeburg District Court on July 21st, 8:00 am till the end of the first day of the trial.
In solidarity with the joint plaintiffs and other victims!
In memory of Jana Lange and Kevin Schwarze!

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NSU-Komplex auflösen Halle
AK Antira Magdeburg
Initiative 9. Oktober Halle
Solidarisches Magdeburg
Seebrücke Magdeburg
Antirassistische Netzwerk Sachsen-Anhalt
Regina – Ravende Europäer gegen Intoleranz und Nationalismus
Kollektiv IfS-Dichtmachen

Link zur Veranstaltung: https://de-de.facebook.com/events/683334898889414/

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