THE TIME FOR DENIAL IS OVER: Transnationale Restitutionsbewegung

Wann

Mittwoch - 09.11.2022 - 10.11.2022
17:00 - 20:00  

Wo

Schaubühne Lindenfels
Karl-Heine-Str. 50, Leipzig

Rollstuhlgerecht? Unbekannt
Details
09. November  17:0019:00
Schaubühne Lindenfels / Grüner Salon
10. November  18:0020:00
Schaubühne Lindenfels / Grüner Salon

 

Mit Live-Übersetzung

Seit den 1960er Jahren setzt sich eine Bewegung von global vernetzten Künstler:innen, Intellektuellen und Aktivist:innen beharrlich für die Rückgabe afrikanischer Kulturgüter und menschlicher Überreste ein, um den Prozess der Entkolonialisierung nach der Unabhängigkeit voranzutreiben. Nach einer langen Periode der Stagnation hat sich die Debatte in den letzten Jahren beschleunigt, mit Beispielen physischer Rückgaben wie der Behanzin-Schätze an die Republik Benin oder der Benin-Bronzen an Nigeria. Unzählige Initiativen von Künstler:innen, Kulturinstitutionen sind weltweit entstanden, die diesen Restitutionsprozess vorantreiben und begleiten. In diesem historischen Moment lädt die GROUP50:50 Künstler:innen, Aktivist:innen und Denker:innen aus Europa und Afrika ein, die Grundlagen für eine transnationale Restitutionsbewegung zu erarbeiten.

In Leipzig präsentieren und diskutieren sie in einer Reihe von Screenings und Talks künstlerische und politische Praktiken, die afrikanische und europäische Identitäten neu definieren und den transkontinentalen Dialog und die Zusammenarbeit neu gestalten.

Am Mittwoch, 9. und Donnerstag, 10. November zeigen wir im Anschluss das Gastspiel THE GHOSTS ARE RETURNING der GROUP50:50 in der Schaubühne Lindenfels.

 

PROGRAMM

Mittwoch, 9. November | 17.00 – 19.00

Eine der größten Herausforderungen für eine transnationale Restitutionsbewegung ist es, einen Dialog mit denjenigen lokalen Gemeinschaften aufzubauen, die während der Kolonialzeit enteignet worden waren. Wie können die lokalen Gemeinschaften die Deutungshoheit über die Objekte und die Menschen wiedererlangen, die ihnen abhanden gekommen sind? Lokalen Kulturzentren, zivilgesellschaftlichen Organisationen und transnationalen Künstler:innengruppen wird dabei die Rolle zukommen, Brücken zu schlagen, zwischen den Institutionen im Norden und den lokalen Gemeinschaften im Süden. Aber wie kann diese Begegnung gestaltet werden? Welche Missverständnisse, welche Schwierigkeiten begegnen uns dabei?

Regie: Konradin Kunze und Flinn Works, 2019. 12 Min.

In Old Moshi, Tansania, wird ein Kopf vermisst. Es handelt sich um das Haupt von Mangi Meli, der sich gegen die Besetzung des Kilimandscharo-Gebietes durch die deutsche Kolonialmacht wehrte und 1900 hingerichtet wurde. Sein Kopf soll im Anschluss auf Nachfrage von Wissenschaftlern nach Deutschland verschifft worden sein. Bis heute wartet der Enkel von Mangi Meli auf dessen Rückkehr.

Diskussion mit: Mnyaka Sururu Mboro, Aktivist (Berlin), Konradin Kunze, Theaterschaffender, Flinn Works (Berlin), Isabelle Reimann, Provenienzforscherin (Leipzig)

Regie: Paul Shemisi und Faire Part, 2020. 15 Min.

In einer Geschichte über traditionelle Medizin, Spiritualität und Dekolonisierung entführt uns BAYINDO nach Kinshasa in der DR Kongo. Der Film taucht in das Herz der animistischen Gemeinschaft „Kintuadi Tuka Kongo“ ein, einer Gruppe, die versucht, die Bräuche und den Glauben der Vorfahren wiederherzustellen, die durch die Ankunft der Missionare und Kolonisatoren zerstört wurden.

Diskussion mit: Faire-Part, transnationales Kollektiv (Kinshasa / Brüssel)

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Donnerstag, 10. November | 18.00 – 20.00

Es steht heute außer Frage, dass tausende Artefakte und die sterblichen Überreste der Ahnen in den europäischen Museen in die Länder ihrer Herkunft zurückkehren müssen und somit die Menschen das in langen politischen Kämpfen geforderte kulturelle Erbe wiedererlangen. Die zurückkehrenden Ahnen und Artefakte erinnern die Menschen aber an eine lange Geschichte der Gewalt, Ausbeutung und Unterdrückung, mit der wir uns in Europa und in Afrika auseinandersetzen müssen. Die Restitution könnte in diesem Sinne ein schmerzhafter und gleichzeitig heilsamer Prozess sein, im Zuge dessen sich das Verhältnis zwischen dem afrikanischen und dem europäischen Kontinent grundlegend transformiert.

Regie: Nii-Kwate Owoo, Ghana, 1970. 16 min.

You Hide Me Nii-Kwate Owoo 1970 verbrachte der ghanaische Filmemacher Nii Kwate Owoo einen Tag mit Dreharbeiten in den Kellerarchiven des British Museum. 1971 wurde sein Film You Hide Me in Ghana als „antibritisch“ verboten, was ironischerweise dazu führte, dass die einflussreiche Londoner Zeitschrift West Africa eine Schlagzeile veröffentlichte, die den Film in der übrigen Welt bekannt machte. Mehr als ein halbes Jahrhundert später wurde You Hide Me mit dem Preis für den besten Dokumentarfilm auf dem Pariser Kurzfilmfestival 2020 ausgezeichnet.

Diskussion mit: Bénédicte Savoy, Kunsthistorikerin (Berlin)

Regie: Azgard Izambo, 2019, 4 Min.

2018 lädt das GRASSI Museum für Völkerkunde Kuratoren und Künstler:innen aus Kinshasa ein, die Ausstellung „Megalopolis I – Stimmen aus Kinshasa“ mit ihren eigenen Werken und in Auseinandersetzung mit der Sammlung zu gestalten. Dabei geht es auch um Objekte, die König Leopold II 1894 dem Leipziger Museum geschenkt hat. In diesem Rahmen entsteht der Kurzfilm „Behind the Glasses“ von Azgard Itambo. Er gibt den Schmerz und die Fragen wieder, mit denen ein junger Mann aus dem Kongo beim Anblick der Objekte im Museum konfrontiert ist. Wie können die Menschen heute ohne diese Geschichte leben?

Diskussion mit: Ohiniki Mawussé Toffa, Germanist und Kolonialhistoriker (Leipzig) und Stefanie Bach, Kuratorin für Global Art am Grassi Museum für Völkerkunde (Leipzig) 

Regie: Rita Mukebu und Joseph Kasau. Produziert von Centre d’Art Waza, Lubumbashi, 2021. 15 min.

Inspiriert von den afrikanischen Masken im Museum Rietberg in Zürich hat der Schweizer Künstler Lukas Stucky eine Maske entworfen und die kongolesische Künstlerin Rita Mukebo gebeten, ihr den Status eines Kunstwerks zu verleihen. In einem vom Centre d’Art Waza Lubumbashi produzierten Kurzfilm testet Mukebu die Bedeutung der Maske, indem sie die Tshokwe-Gemeinschaft, den Direktor des Kunstmuseums, einen Universitätsprofessor und andere besucht.

Diskussion mit: Patrick Mudekereza, Kurator und Autor, Centre d’Art Waza (Lubumbashi) und Joseph Kasau, Co-Regisseur des Films (Lubumbashi).

Tickets

Eintritt frei

Anmeldung an assistenz@euro-scene.de

Link zur Veranstaltung: https://euro-scene.de/events/the-time-for-denial-is-over/

Veranstaltende Gruppe: Euro-Scene Leipzig

Eintritt: frei

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