[Buchvorstellung] Daniel Schuch: Transformationen der Zeugenschaft

Wann

Freitag - 08.07.2022
18:00 Uhr  

Wo

Galerie KUB
Kantstr. 18, 04275 , Leipzig

Rollstuhlgerecht? Unbekannt
Details

 

Daniel Schuch: Transformationen der Zeugenschaft. Von David P. Boders frühen Audiointerviews zur Wiederbefragung als Holocaust Testimony. Göttingen: Wallstein 2021.

 

Was können wir aus den Erzählungen von Holocaust-Überlebenden lernen und warum erwarten wir von ihnen universelle moralische Botschaften als „Lehre“ aus den nationalsozialistischen Verbrechen?

Auf der Grundlage von detaillierten Interviewanalysen werden Antworten auf diese Fragen in der Buchvorstellung quellengesättigt vorgestellt. Den Ausgangspunkt bildet das bis heute kaum rezipierte Interviewprojekt des Psychologen David P. Boder, der im Nachkriegseuropa bereits 1946 erstmals die Stimmen und Geschichten von Überlebenden der NS-Verfolgung auf Tonband aufgezeichnet hat. Boders Audiointerviews gerieten lange Zeit in Vergessenheit, und erst seit Anfang der 1980er Jahre erlebten Videointerviews mit Zeug:innen der NS-Verbrechen einen wahren Boom.

In den 1990er und 2000er Jahren wurden einige der Personen, die Boder 1946 befragt hatte, erneut als Zeitzeug:innen interviewt. Dies ermöglicht einen faszinierenden Vergleich der Interviews von fünf jüdischen Überlebenden, die über einen Abstand von bis zu 60 Jahren mehrfach befragt wurden. Dieser vergleichende Rückblick auf die Entstehungsgeschichte von Interviews mit Holocaust-Überlebenden kann dabei helfen über das „Ende der Zeitzeugenschaft“ neu nachzudenken. Wenn wir einer moralisierenden Sinngebung des Holocaust entgegen wirken wollen, sollten wir unsere Vorstellungen von Zeitzeugenschaft grundlegend überdenken.

 

Daniel Schuch, Dr. phil, hat Geschichtswissenschaft, Soziologie und Politikwissenschaft an der TU Dresden und an der Friedrich-Schiller-Universität Jena studiert. Im Jahr 2020 hat er seine Doktorarbeit über den Wandel von Zeugenschaft in Mehrfachbefragungen von Holocaust-Überlebenden abgeschlossen, die Studie wurde 2021 im Wallstein Verlag publiziert. Er hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora gearbeitet und ist ehrenamtlich in der Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig und in der Initiative Riebeckstraße 63 in Leipzig aktiv. Er arbeitet aktuell an der Universität Jena als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit und forscht zur Nachgeschichte der NS-Verbrechen und zu Organisationen von Überlebenden im Kalten Krieg.

 

Link zur Veranstaltung: https://www.zwangsarbeit-in-leipzig.de/de/zwangsarbeit-in-leipzig/veranstaltungen/veranstaltungen-archiv/2022/24

Veranstaltende Gruppe: Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig

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