Kantine »de Pizan«

Die Kantine »de Pizan« wird vom 23. – 29. August 2021 im Subbotnik stattfinden und Christine de Pizan und dem Thema feministischen Utopien gewidmet sein.


„Dir wird auf diese Weise vor allen anderen Frauen das Vorrecht zuteil, die Stadt der Frauen zu errichten […] Ich, gleich einer Weissagerin, prophezeie dir, daß die Stadt, die du mit unserer Hilfe gründen wirst, weder Zerstörung noch Verfall erleben wird, vielmehr, all ihren mißgünstigen Feinden zum Trotz, über alle Zeiten hinweg blühen und gedeihen wird.“ (Christine de Pizan: Das Buch von der Stadt der Frauen, Erstes Buch, Kapitel IV)

Es ist soweit – die Vorbereitungen zum vierten Kantine-Festival sind in vollem Gange. Dieses Jahr legen wir den Fokus nicht mehr ausschließlich auf das Leben und Werk einer einzelnen Person. Stattdessen gilt es – ausgehend vom Schaffen Christine de Pizans* – verschiedene Facetten und historische Kontexte feministischer Utopien zu beleuchten. De Pizan nimmt dabei die Rolle als Vordenkerin ein. Damit kommt es zwar nach Marx, Luxemburg und Benjamin zu einem chronologischen Bruch, die Verbindung gelingt jedoch über den Begriff der Utopie: Wir springen mit den Schriften de Pizans in das Spätmittelalter zurück. Von dort aus nähern wir uns dann der Genese von Feminismus und Utopie bis in die Gegenwart und Zukunft hinein. Entsprechend beginnt das Festival mit einer Einführung zu Christine de Pizan und ihren Tätigkeiten. Im Verlauf der Woche widmen wir uns dann verschiedenen literarischen, filmischen und politischen Entwürfen für eine befreite Gesellschaft jenseits herkömmlicher Kategorien. Wir befassen uns mit der Kritik am Patriarchat in seinen verschiedenen historischen Gestalten sowie an geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung und Sozialisation im Kapitalismus, einigen Perspektiven auf feministische Stadtentwürfe und vielem mehr.

Wie gewohnt erwartet euch ein volles Programm mit Theorievorträgen, Workshops und Diskussionen. Neben solch klassischen Formaten werden auch andere Zugänge zur Thematik eröffnet, z.B. durch Performances, Filme, eine Schreibwerkstatt und andere Auseinandersetzungsformen, denn: Utopisches Denken findet nicht nur Ausdruck in Theorie und Diskussion, sondern vor allem auch in Bildern und Imaginationen.Auch dieses Jahr stehen wir vor der Herausforderung, ein Festival im Rahmen der Pandemie so sicher und angenehm wie möglich für alle Beteiligten zu gestalten. Wir sind bereits dabei, ein entsprechendes Hygienekonzept zu erarbeiten. Eine absolute Planungssicherheit ist uns allerdings aufgrund der aktuellen Lage nicht möglich. Wir werden euch dennoch regelmäßig auf unserer Website oder via Social Media auf dem Laufenden halten. Wir planen außerdem unser Online-Angebot auszubauen, um eine Teilnahme an Teilen des Festivals von zuhause aus zu ermöglichen. Wir freuen uns darauf, euch zur Kantine »de Pizan« begrüßen zu dürfen!

Christine de Pizan (1364 – 1429) war eine Schriftstellerin des Spätmittelalters. Ihre literarische Karriere begann aus der Not heraus, ihre Familie nach dem Tod ihres Mannes zu ernähren. Die schwierigen Verhältnisse einer alleinerziehenden Frau in der damaligen Zeit hielten sie nicht davon ab gegen eine ungerechte Männerwelt anzuschreiben. Dadurch beeinflusst waren die Themen ihrer ersten Werke Traurigkeit und Isolation sowie die Gefahr einer außerehelichen Liebe für Frauen. Im Laufe ihres Lebens entwickelte sich Pizan zu einer der ersten französischen Berufsschriftstellerinnen und Verlegerinnen Frankreichs. Sie positionierte sich in ihren Texten für ein friedliches Frankreich, gegen einen drohenden Bürgerkrieg sowie gegen die misogynen Ansichten ihrer Zeitgenossen. Ihr am meisten rezipiertes Werk, „Das Buch von der Stadt der Frauen“, ist gleichzeitig auch das am stärksten vernachlässigte aus der Gattung der literarischen Utopien. Darin hegt die Ich-Erzählerin Christine aufgrund frauenfeindlicher Polemiken Selbstzweifel, wird aber von Allegorien, die zeitgenössische Tugenden symbolisieren, in die „Stadt der Frauen“ geführt, in der Gleichgesinnte unbescholten vor patriarchaler Zurichtung leben können.