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Zwischen mahnender Symbolik und Reproduktion kapitalistischer Verhältnisse. Der unauflösbare Widerspruch von Erinnerungsorten
Erinnerungsorte wie KZ-Gedenkstätten gelten als zentrale Pfeiler der deutschen Erinnerungskultur. Sie sollen mahnen, aufklären und historische Verantwortung symbolisieren. Doch was, wenn diese Orte zugleich an der Reproduktion jener gesellschaftlichen Verhältnisse mitwirken, die sie zu überwinden vorgeben?
In diesem Vortrag wird die erinnerungspolitische Funktion solcher Orte kritisch hinterfragt: Ausgehend von Henri Lefebvres Theorie der Raumproduktion und einer geographischen Auseinandersetzung mit kollektiver Erinnerung argumentiert der Beitrag, dass Erinnerungsorte im Kapitalismus notwendigerweise in einen unauflösbaren Widerspruch geraten. Als staatlich institutionalisierte Orte werden sie nicht nur zu Trägern symbolischer Mahnung, sondern auch zu Instrumenten staatlicher Macht und nationaler Identitätsbildung basierend auf einer scheinbaren Vergangenheitsbewältigung. Das historische Leiden wird dabei als „abgeschlossenes“ Kapitel erinnert und so von seinen gesellschaftlichen Ursachen entkoppelt. Im affirmativen Bezug auf die postfaschistische nationale Gemeinschaft perpetuieren sich so eben jene gesellschaftlichen Voraussetzungen, die den Nationalsozialismus ermöglicht haben.
Dialektisch gewendet jedoch können Erinnerungsorte auch emphatische Momente des Erinnerns ermöglichen – solche, die kritische und antifaschistische Formen des historischen Bezugs eröffnen.
Der Vortrag lädt dazu ein, über die räumlich-materialen Bedingungen des Erinnerns nachzudenken – und darüber, wie diese zur Abwehr oder Vereinnahmung von Vergangenheit beitragen können.
Felicitas Kübler ist Humangeographin und promoviert an der Universität Klagenfurt. In ihrer Forschung setzt sie sich mit antifaschistischen und gegenhegemonialen Erinnerungspraktiken sowie den gesellschaftstheoretischen Arbeiten Theodor W. Adornos auseinander.
Veranstaltende Gruppe: Utopie und Praxis Leipzig
Sprache des Events: Deutsch
Eintritt: Spende
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