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Politischer Antisemitismus im postfaktischen Zeitalter: Formen, Ursachen, Kontroversen in Demokratien des 21. Jahrhunderts
Universität Leipzig, Hörsaal 2 | 30. Oktober 2025, 19 Uhr
Vortrag & Buchvorstellung
mit Prof. Dr. Lars Rensmann (Universität Passau)
Keine Minderheit ist derzeit häufiger Hate Crimes und Diskriminierungen ausgesetzt als die jüdische. Kaum jemand bezeichnet sich zwar noch als „Antisemit“, doch Antisemitismus ist mit Wucht in den öffentlichen Raum zurückgekehrt, und dies nicht erst seit dem 7. Oktober 2023 und dem Krieg im Nahen Osten. Antisemitismus ist heute Teil eines polarisierten und verhärteten Meinungskampfes in kriselnden Demokratien geworden, bei dem sich die Grenzen des Sagbaren in enormer Geschwindigkeit verschoben haben. Antisemitische, verschwörungsmythische, ethno-nationalistische und rassistische Ideologien und ‚Tickets‘ haben dabei transnational an sozialer Akzeptanz gewonnen. Sie reüssieren teils ungebremst insbesondere im sozial-medialen Raum, während zugleich von deren Trägern beklagt wird, man dürfe nicht mehr frei sprechen und werde verfolgt.
Dieser Vortrag, der zugleich das neu im Nomos-Verlag erschienene Buch Politischer Antisemitismus im postfaktischen Zeitalter vorstellt, diskutiert erstens, welche Definitionen und kritische Begriffe von Antisemitismus für den Gegenstand sensibilisieren, die heute in den Sozialwissenschaften kontrovers diskutiert werden. Er widmet sich zweitens den Formen und Modi, mit denen uns Antisemitismus heute in der Gesellschaft begegnet. Drittens wird vergleichend die Frage diskutiert, inwiefern Antisemitismus im 21. Jahrhundert wieder zum Gegenstand politischer Mobilisierungen in liberalen Demokratien geworden ist und von verschiedenen autoritären Parteien und Bewegungen politisch eingespannt wird, wenn auch teils in camouflierten Formen. Schließlich wird untersucht, ob sich insgesamt die politisch Gelegenheitsstrukturen für Antisemitismus in demokratischen Gesellschaften verändert haben, welche Rolle dabei Krisen, Krisennarrative und Desinformation im postfaktischen Zeitalter spielen und welche tradierten und neuen Faktoren zur Renaissance des Antisemitismus beitragen.
Prof. Dr. Lars Rensmann hat seit 2022 den Lehrstuhl für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Vergleichende Regierungslehre an der Universität Passau inne. Zuvor war er von 2016 bis 2022 Professor für Europäische Politik und Gesellschaft an der Rijksuniversiteit Groningen (Niederlande) und leitete das dortige Research Centre for the Study of Democratic Cultures and Politics sowie Geschäftsführender Direktor des Fachbereichs Europäische Sprachen und Kulturen. Er ist der Autor zahlreicher Veröffentlichungen im Bereich der vergleichenden Politikwissenschaft sowie der Populismus-, Rechtsextremismus-, Antisemitismus- und Demokratieforschung. Er war zweimal als Sachverständiger im Deutschen Bundestag, zum Themenfeld Antisemitismus und zum Demokratiefördergesetz. Zuletzt leitete er gemeinsam mit Prof. Heiko Beyer eine umfassende empirische Dunkelfeldstudie zu „Antisemitismus in der Gesamtgesellschaft von NRW im Jahr 2024“ im Auftrag des Landes NRW.
Link zur Veranstaltung: https://www.instagram.com/p/DPEdCCgDPIi/?utm_source=ig_web_copy_link&igsh=MzRlODBiNWFlZA==
Veranstaltende Gruppe: HLGA
Sprache des Events: Deutsch
Eintritt: Kostenlos
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